awn biomassezentrum pflanzenkohle 012015-11-27.  Mit der Anlieferung der Anlage zur Herstellung von Pflanzenkohle  ist die AWN bei der Umsetzung des Biomassezentrums am Standort in Buchen ein gutes Stück weiter gekommen. Mit dieser Anlage des deutschen Herstellers Pyreg GmbH aus Dörth im Rhein-Hunsrück-Kreis wird es nun möglich sein, regionale Biomassen wie beispielsweise Grünschnitt von Grüngutplätzen, Getreidespelzen aus der Landwirtschaft oder auch Hackschnitzel zu Pflanzenkohle zu veredeln.

Dabei arbeitet diese Anlage nach dem so genannten Pyrolyseverfahren, das dem, was die Köhler früher im Wald getan hatten, sehr ähnlich ist: Holz oder brennbares Material „verkohlt“ unter Abschluss von Luftsauerstoff – heraus kommt Holzkohle. Im Falle der AWN wird es bei einem Materialeinsatz von rund 2.000 Tonnen regionaler Biomassen rund 300 t Pflanzenkohle pro Jahr sein. Diese Anlage wird vom Umweltministerium Baden-Württemberg als innovatives Umweltschutzprojekt mit 50 Prozent gefördert, die Gesamtinvestitionen belaufen sich auf rund 600.000 €.

Pflanzenkohle wird heute vielfältig verwendet: Sie ist ein wichtiger Bestandteil für die Herstellung von hochwertigem Bodensubstrat wie der Schwarzerde „Terra Preta“. Des Weiteren kann diese Kohle als Zuschlagsstoff für die Herstellung von Futtermitteln oder Stalleinstreu dienen, sogar die Veredelung zu Aktivkohle für Filteranlagen ist denkbar. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit der energetischen Verwertung: Pflanzenkohle ist ein gut lagerfähiger Brennstoff mit einem ähnlichen Brennwert wie Braunkohle, sogar die direkte Verwendung als Grillkohle-Ersatz ist möglich. Allerdings sei Pflanzenkohle, so der technische Leiter der AWN Harald Schäfer, „zum Verbrennen viel zu schade“.

Damit die produzierte Pflanzenkohle auch den geforderten Qualitätsstandards entspricht, muss diese nach einem einheitlichen europäischen Standard, dem „European Biochar Certificate EBC“, zertifiziert sein, wobei es innerhalb dieses Zertifizierungssystems verschiedene Qualitätsstufen gibt: Während man für die Bodenverbesserung in der Landwirtschaft die Standard-Qualität verwendet, muss es für die Verwendung in Futtermitteln, was einleuchtend ist, die Premium-Qualität sein. Der aktuelle Marktwert von Pflanzenkohle liegt zwischen 300 – 500 Euro pro Tonne.

Die Pflanzenkohleanlage mit einem Gewicht von rund 18 Tonnen wurde mithilfe von zwei Schwerlastkränen abgeladen und dann „auf eigenen Rollen“ an den Standort manövriert, einen überdachten Bereich direkt neben den bestehenden Rottehallen, die nun für die entsprechende Stoffstromlogistik wertvolle Dienste leisten sollen. Der dazugehörige Kamin wurde bereits Ende Oktober installiert. Bei dieser Anlage wird das eingegebene Material verkohlt und nicht verbrannt – dies geschieht bei rund 800 °C unter Abschluss von der Umgebungsluft. Synthesegase werden anschließend in einem Flox-Brenner bei über 1200 °C vollständig verbrannt, sodass hier nur sehr geringe Abgasemissionen entstehen. In Bezug auf Kohlenstoffmonoxid (CO) emittiert diese moderne Anlage nach Herstellerangaben etwas so viel wie zwei bis drei normale Haushalts-Holzfeuerungen mit jeweils 10 kW Leistung. Neben der Pflanzenkohle entstehen bei diesem Prozess ca. 150 kW Abwärme, die beispielsweise für die Materialtrocknung eingesetzt werden könnten. Die Anlage läuft praktisch permanent weiter, wenn das entsprechende Brennmaterial zugeführt wird. Lediglich für den Start ist externe Energie notwendig, die mithilfe von Gas (30 kg, dies entspricht rund 35 l Heizöl), zugeführt werden muss.

Neben der sinnvollen Verwendung von vorhandenen regionalen Stoffströmen hat die Wissenschaft noch weitere Ziele im Blick: In der Pflanzenkohle ist Kohlendioxid langfristig gebunden - jede Tonne dieses Materials hält ca. 3 Tonnen CO2 „fest“. In Ackerböden eingearbeitete Pflanzenkohle (z. B. durch Ausbringung der Schwarzerde Terra Preta) ist derzeit der einzige Weg, CO2 langfristig und in signifikanter Menge aus der Atmosphäre fernzuhalten. Fachleute sehen in diesem Thema ein enormes Zukunftspotential - so auch die AWN.

Auf Basis dieser Anlage soll die Zusammenarbeit mit der Herstellerfirma Pyreg ausgebaut werden - beide Unternehmen sehen hier eine optimale Kombination aus technischem Knowhow bei der Herstellerfirma und dem Vorhandensein von Stoffströmen und Infrastruktur bei der AWN. In den nächsten Wochen werden weitere Module, beispielsweise für die Materialzuführung, installiert werden. Ist die Anlage komplett, wird das „Einfahren“ des Prozesses nach Angaben der AWN ebenfalls noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Aber Anfang kommenden Jahres solle es dann wahr werden, das Märchen „vom Stroh zu Gold“ bzw. von Biomasse zu wertvoller Pflanzenkohle.

 

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